TRANSFORMATIVE AUSSTELLUNG – Zustand II Sept./Okt. 2020
Nicht nur die Ausstellung selber ist einem ständigen Wandel unterzogen. Sondern auch das Gebäude als Ganzes wird transformiert. Seine Wände sollen mit neuen Bedeutungen getränkt werden. Es werden keine autonomen Werke in neutralen Räumen gezeigt. Sondern die Kunstwerke gehen eine Verbindung mit dem Ort ein, so dass sich SCHWANENMARKT 1 auch insgesamt in eine begehbare Installation verwandelt. Das Gebäude ist zwar in einem ruinösen Zustand. Aber das macht es gerade auch spannend. Überall Relikte und Spuren seines ehemaligen Gebrauchs.
Foto: Heinrich Rätselhafte Einblicke durch das Kioskfenster. Jede Stunde bläst sich 15 Minuten lang eine Form auf und fällt dann wieder in sich zusammen. Die „atmende“ Skulptur ist eine Arbeit von Frederik Foert , ein goldener Löwe auf einem roten Sockel. Weil er bei aufrechter Stellung die Raumhöhe übersteigt, hat er sich auf den Rücken gerollt…
Foto: Heinrich
Foto: Sadrowski
Foto: Sadrowski Ein Dübel aus echtem Gold von Martin Bruno Schmid . Er bereicherte die Ausstellung enorm, obwohl bzw. gerade weil er seine Wirkung im Geheimen entfaltete. Denn da das Gebäude nicht einbruchssicher ist, konnten auf seine Existenz zunächst nur ausgewählte Besucher hingewiesen werden. Erst nach seiner Extraktion aus der Wand wird die Sache jetzt öffentlich gemacht. Diese Arbeit ist im besonderem Maße geeignet, der Idee der Transformativen Ausstellung Gestalt zu verleihen: „…das Gebäude als Ganzes wird transformiert. Seine Wände sollen mit neuen Bedeutungen getränkt werden.“ In diesem Sinne korrespondiert er auch perfekt mit Jonas Hohnkes Nagel-Arbeit.
Foto: Sadrowski
Foto: Sadrowski Jonas Hohnke hat einen Nagel in die Wand geschlagen. Wer den Kopfhöher aufsetzt, hört ein Hämmern. Es ist der Orginalsound, der entstand, als GENAU DIESER Nagel in die Wand geschlagen wurde!
Foto: Sadrowski Matthias Beckmann war da und hat den Schwanenmarkt gezeichnet.
Foto: Sadrowski
Filmstill aus „Astronaut“ Hans Schabus , Astronaut (2003). Der Film passt perfekt zu SCHWANENMARKT 1: Durch harten körperlichen Einsatz erfährt ein Gebäude eine bildhauerische Bearbeitung. Architektur wird Plastik. Und Plastik wird Architektur. Durch physische Anstrengung wird der Raum transformiert. Materie wird bewegt. Eine Einstiegsluke wird geschaffen. Dahinter tun sich Gänge auf – man kann sich streiten, ob sie nun ins Imaginäre oder ins Konkrete führen. Die Handlung ist einfach und doch äußerst rätselhaft. Auch wir wollen solche Astronauten sein!
Filmstills (animiert als GIF) aus „Astronaut“
Filmstill aus „Astronaut“ „Ich denke, das hat mit dem Durchbrechenwollen von Grenzen zu tun. Raum schaffen und zerstören, Raum entdecken und hinter sich lassen. Raum denken und überdenken. Bewegen oder bewegt werden.“ (Hans Schabus)
Foto: Sadrowski Martin Brand kombinierte drei seiner Arbeiten – „Shark“ (2020), „Posing for Pictures“ (2017) und „I’m fine“ (2016) – zu einer raumbezogenen dreiteiligen Installation in der ehemaligen Herren-Toilette.
Foto: Schamp Über das Spiel der Wellen legt sich wie ein Netz das Fugenraster der Wandfliesen. Ein Hai kreist um ein Boot…
Foto: Mauermann Dazu eine Sammlung von Fotos aus dem Internet, auf denen junge Männer mit Waffen posieren und dabei auf den Betrachter zielen. Die martialischen Männlichkeitsrituale verschmelzen mit der Aura des Raums: ein ehemaliges Männerklo mit seinen Pissoirs. Die Installation erzeugt eine diffuse Stimmung der Bedrohung, die auch durch das „I’M FINE“ in dem anderen digitalen Bilderrahmen nicht gemildert wird. Denn dieses „Sich-Gut-Fühlen“ basiert auf einer Sebstverletzung.
Foto: Mauermann
„Nichts kann man nicht verpassen. Der ganze Ort ist voller digitaler Hintergrundprozesse, deren Ausdehnung nicht immer ganz erfassbar ist. Um mich zu beruhigen werde ich alle Dämons aufschreiben, die es an die Oberfläche dieser Infrastruktur schaffen…“ „Angst hört abrupt auf. Finde mich zwischen den Servertürmen auf Ebene vier wieder. Eine menschliche Gestalt schreit ohrenbetäubend laut ohne Luft zu holen mit einem unglaublich flachen Quadrat an der Stelle, an der der Kopf sein sollte…“
aus: „Skullsplitter Bochum Version“, Audio-Beitrag von Philipp Höning
Foto: Mauermann Patricija Gilytes Videoarbeit Demesis 360 . Eine Art Hausgeist der Transformativen Ausstellung, dessen knatternde Präsenz die Räume atmosphärisch auflud. Man kann sich diese Erscheinung, die sonderbar in der Schwebe bleibt zwischen flukturierende plastische Form und belebte Wesenheit, auch hier ansehen , was unbedingt lohnenswert ist!
Videostill aus „Herr Individual geht“ (Kamera: Henning Brod) Christian Hasuchas Intervention „Herr Individual geht“ wurde 2006 realisiert im Rahmen der Ausstellung des Kunstmuseum Bochum „Und es bewegt sich doch…“. Dazu gehörte auch die Intervention an der Kreuzung Universitätsstr./Oskar-Hoffmann-Str. Das Video, das die Arbeit dokumentiert, wurde anschließend im Kunstmuseum gezeigt. Und jetzt auch in SCHWANENMARKT 1.
Videostill aus „Herr Individual geht“ (Kamera: Henning Brod) In den oberen Bereich eines 2,40 m hohen Sockels ist ein Laufband eingebaut, welches durch einen Elektromotor angetrieben wird. Auf diesem Laufband, dessen Geschwindigkeit auf Schritt-Tempo eingestellt ist, geht ein normal gekleideter Mann. Die mehrstündige Aktion fand eine Woche lang täglich während der Hauptverkehrszeit statt.
Foto: Sadrowski Ein rätselhafter Fliegenmensch mit einem NFC-Chip in einem der Flügel. Aus konzeptionellen Gründen soll die Autorschaft der Figur im Unklaren bleiben. Dieser Fliegenmensch krabbelt anonym über die Wand. Die Betrachter dürfen sich ruhig mal ein bisschen den Kopf zerbrechen….
Foto: Mauermann Die Soundkabine
Foto: Schwichtenberg Das INSTANT-IN ist ein Cafe in dem es nur INSTANT-KAFFEE gibt. Es wird vom Stuttgarter Künstler Georg Winter gemeinsam mit Matthias Schamp betrieben. Die erste Filiale gab es 2013 in nomadischer Form. Zur Transformativen Ausstellung trug das Unternehmen erstmal nur eine improvisierte Service-Station bei. Bis zum Sommer 2021 soll diese zur offiziellen Gastronomie von SCHWANENMARKT 1 ausgebaut werden.
Fotos: Claudia Heinrich, Karl-Heinz Mauermann, Daniel Sadrowski, Matthias Schamp, Klaus Schwichtenberg Die Transformative Ausstellung wurde von Matthias Schamp und Stephan Strsembski kuratiert.